Foto: WSW / Hank

Rück- und Ausblick: Kaffee

Interviewreihe zum 40. Geburtstag von Weltladen Augsburg und Werkstatt Solidarische Welt e.V. 

Zum Thema Kaffee mit Angelika Haselböck, Gründungsmitglied des Weltladens & der Werkstatt Solidarische Welt e.V., Kaffeerösterin und Allan & Katharina Mutagwaba, Kaffeeexporteure und Cafébetreiber*innen

Henriette Seydel, Werkstatt Solidarische Welt e.V.: Stellt euch bitte kurz vor und erzählt, welchen Bezug zu Kaffee ihr habt.

Katharina & Allan: Wir sind Katharina und Allan Mutagwaba, Inhaber und Gründer des MAK Afrika Cafés und Kaffeeunternehmer, die Kaffee aus Tansania importieren und hier verkaufen. Der Kaffee stammt aus Allans Heimatort am Mount Meru und 1€ pro Kilo verkauften Kaffees wird direkt an soziale Projekte dort gespendet.

Angelika: Ich bin Angelika Haselböck, 1980 Gründungsmitglied von Werkstatt und Weltladen und seitdem auch ehrenamtlich mit dabei. Ich finde an Kaffee so spannend, wie man aus einer grünen Bohne ein leckeres Getränk zaubern kann. Deswegen bin ich auch im Kaffeeröstteam des Weltladens aktiv.

 

Deutschland ist Kaffeetrinkernation. Durchschnittlich trinkt eine Person über 160 l Kaffee pro Jahr.  Was ist euch bei Kaffee besonders wichtig?

Angelika: Guter Kaffee ist bio, fairtrade und lecker bis zum letzten Tropfen. Die anspruchsvolle Arbeit der Kaffeebäuer*innen muss gerecht bezahlt und gewertschätzt werden! Wichtig an fairen Kaffee finde ich, dass er gut schmeckt – und zwar nicht aus Solidarität heraus, sondern aus Überzeugung! Wir rösten unseren Kaffee schonend in Langzeit, wohingegen herkömmlicher Kaffee oft kurzzeitgeröstet wird und die Aromen keine Zeit haben, sich zu entfalten.  Der Preis unseres Kaffees ist zwar teurer als im Supermarkt, aber eigentlich beläuft es sich auf lediglich 0,02€ mehr pro Tasse – dafür erhält man aber ein Qualitätsprodukt, das keine Menschenrechte verletzt.

Katharina & Allan: Eben, gute Qualität kostet. Bei frisch geröstetem Kaffee kann man sehen, dass nur die qualitativ wertvollen ganzen Bohnen verwendet werden, wohingegen bei konventionellem, gemahlenen Supermarktkaffee unklar ist, welche Bohnen(teile) verarbeitet wurden. Wenn man dann auch einbezieht, dass die Kaffeebäuer*innen einen fairen Lohn bekommen sollen, ist der etwas höhere Preis gerechtfertigt. Letztendlich geht es bei gutem Kaffee vor allem um Transparenz und Wertschätzung.

Woher kommt euer Kaffee?

Angelika: Der Weltladen Augsburg verwendet hochwertigen Arabica-Kaffee  von Kleinbauerkooperativen aus Äthiopien, Peru, Mexiko und Tansania. Der Jubiläumskaffee, den wir zu unserem 40. Geburtstag neu in unser Hauskaffeesortiment aufgenommen haben; kommt aus Kolumbien von der Cooperativa del Sur del Cauca COSURCA. Uns ist es wichtig, immer mit den gleichen Kooperativen zusammenzuarbeiten um somit langfristige Handelsbeziehungen zu etablieren.

Katharina & Allan: Unser Kaffee stammt aus der Gegend des Mount Meru in Tansania, Kaffeebauernregion und Allans Heimatort.  Weil Pestizide zu teuer waren und bio-Anbau besser für ihre Gesundheit ist, haben die Bauern vor ca. 15 bis 20 Jahren ihre Produktion umgestellt. Circa 60 Familien haben sich zu demokratisch organisierten Kooperativen  zusammengeschlossen und bauen nun die leckeren Kaffeebohnen für den Export nach Deutschland an. Dabei wird ihre Arbeit gerecht entlohnt. Es gibt keine ausbeuterische Kinderarbeit und es wird großen Wert auf Frauenförderung gelegt. Einmal im Jahr fahren wir selber nach Tansania, tauschen uns eng mit unseren Kontaktpersonen aus, besuchen alle Stationen der Kaffeeherstellung und können so direkte Qualitätskontrollen durchführen.

Was gefällt euch an Kaffee?

Katharina & Allan : Es ist faszinierend, wie unterschiedlich Kaffee sein kann! Viele Leute trinken Kaffee nur aufgrund seiner Putschwirkung, bei uns wurde Kaffee zur Leidenschaft.

Angelika: Für die verschiedenen Zubereitungsmethoden benötigt man verschiedene Kaffeearten, die jeweils unterschiedlich geröstet werden. Das Röstverfahren ist abhängig vom Wetter, also wie schnell der Kaffee erwartungsgemäß auskühlt. Im Gegensatz zu vollautomatischen Maschinen, bin ich Fan von traditionellem Röstverfahren, bei dem ich jeden Schritt selber bestimme. Deswegen mag ich auch keinen Coffee To Go, denn unser Kaffee ist ein wertzuschätzendes Luxusgetränk, das man „To Stay“  genießen sollte.

Katharina & Allan: Wir finden es auch schön, wenn sich unsere Gäste die Zeit nehmen, im Café gemütlich zur Ruhe zu kommen, sich mit Freund*innen zu treffen,  mit uns über Kaffee zu fachsimpeln oder sich mit anderen Tansaniafans auszutauschen – jeder Aufenthalt wird so zum Miniurlaub, und der Kaffee kriegt die Aufmerksamkeit, die er verdient.

Hat sich in den letzten Jahren etwas geändert?        

Angelika:  Ja. Leute kaufen bewusster fairen Kaffee. Mittlerweile weiß man um die schlechten Bedingungen und entscheidet sich auch aus ökologischen Gründen für Bio-Produkte. Auch die Anzahl unserer Großkund*innen ist gestiegen: so verkaufen Cafés, Kirchengemeinden oder der Unverpacktladen Ruta Natur den fairen Augsburger Kaffee. Interessanterweise ist im Weltladen selbst in Coronazeiten der Umsatz mit Kaffee gestiegen: na klar, wie kann man im Homeoffice auch ohne den leckeren Muntermacher arbeiten.

Katharina & Allan: Auch wir merken einen erhöhten bewussten Kaffeekonsum. Während wir 2016 mit 300kg Kaffeeexport gestartet haben, sind wir nun bei ca. 7 Tonnen im Jahr. Davon geht ein Großteil an unsere Direktkund*innen, die im Café ihren Kaffee trinken oder eine Packung für zu Hause kaufen.

Was habt ihr für Wünsche für die Zukunft?

Angelika: Für den Weltladen wünsche ich mir, dass es positiv weitergeht und wir uns stets weiterentwickeln können. Ich persönlich wünsche mir, dass ich noch lange tatkräftig an der Erfolgsgeschichte teilhaben kann. Die Einwände zur Zeit der Ladengründung, es könne nur schief gehen, wenn wir alles ehrenamtlich schultern, haben sich nicht bewahrheitet, ganz im Gegenteil! Außerdem würde ich gerne wieder politischer und lauter werden, und dass sich Weltladen und Werkstatt noch mehr einmischen. Wir dürfen uns nicht auf unserer Erfolgsgeschichte ausruhen, sondern müssen weiterhin anecken und den Finger auf die gesellschaftlichen Wunden legen. Zu guter Letzt würde ich mir als FCA-Fan wünschen, dass es im Stadion wiederverwendbare Becher mit fairem Kaffee gibt. Oder warum nicht gleich fairen FCA-Kaffee im Fanshop?

Katharina & Allan: Wir möchten, dass breites Wissen über Kaffee bekannter wird und gleichzeitig unsere Botschaft weitervermittelt wird. Da tut es gut zu wissen, dass wir im Weltladen Augsburg freundschaftliche Kooperationspartner und Mitstreiter gefunden haben. Außerdem laden wir dazu ein, Tansania besser kennenzulernen. Jede*r kann einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass den Menschen vor Ort eine Perspektive geboten wird. Jede*r von uns ist ein kleiner Botschafter. Letztendlich ist Kaffee die perfekte Mischung aus solidarischer Bildungsarbeit für eine gerechtere Welt und leckerem Genuss.

Die Interviews führte Henriette Seydel

 


Das MAK CAFÉ AFRIKA ist ein Augsburger Café in der Karlsstraße 7, das 2018 eröffnete. Es wird betrieben von Allan und Katharina Mutagwaba und bezieht den Kaffee direkt aus Allans Heimatort am Hang des Mount Meru in Tansania. Die Werkstatt Solidarische Welt e.V. arbeitet gerne mit dem MAK Café zusammen: sei es als Veranstaltungsort, im Rahmen der Afrikanischen Wochen oder bei Vorträgen zum Thema Kaffee (wie jüngst im Juli: Coffee to Know).  Weitere Infos unter www.mak-coffee.com, E-Mail: info@mak-coffee.com, Tel. +49 (0)821 20835122 oder während der Öffnungszeiten.


Im Mai 1980 haben engagierte Menschen den Weltladen Augsburg und die Werkstatt Solidarische Welt gegründet. Das sollte eigentlich im Frühjahr gebührend gefeiert werden – und muss nun doch erst einmal warten. Damit der Gründungstag trotzdem nicht sang- und klanglos vorübergeht, füllen wir alle digitalen Kanäle mit Glückwünschen und Hintergrundinfos und feiern. Jeden zweiten Freitag gibt es ein Interview mit Freund*innen, Mitarbeiter*innen und Weggefährten zu einem Thema, das uns bewegt – damals wie heute.

erstellt am: 09.10.2020 von Henriette Seydel

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