Jubiläum: 45 Jahre Weltladen Augsburg und Werkstatt Solidarische Welt e.V.
wir freuen uns: in Ausgabe 62 des Augsburger Nachhaltigkeitsmagazins „Stadt mit A“ ist unser Jubiläumsartikel “45 Jahre Weltladen Augsburg und Werkstatt Solidarische Welt e.V.” erschienen. Den wollen wir natürlich gern mit euch teilen und euch gleich noch zu den bevorstehenden Jubiläumsaktivitäten einladen.
45 Jahre Weltladen Augsburg und Werkstatt Solidarische Welt e.V.
2025 feiern der Weltladen Augsburg und die Werkstatt Solidarische Welt e.V. ihr 45-jähriges Bestehen – ein Jubiläum, das Anlass zum Feiern, aber auch zum Nachdenken gibt. Hinter uns liegen Jahrzehnte voller Engagement, Beharrlichkeit und Visionen. Von Anfang an stand der Einsatz für mehr Gerechtigkeit im Welthandel im Mittelpunkt. Heute geht es darum, den Fairen Handel und die Idee der Einen Welt in einer sich rasant verändernden Gesellschaft lebendig zu halten.
Von den Anfängen bis heute
Die Wurzeln des Fairen Handels reichen in die 1970er Jahre, als junge Menschen gegen die ausbeuterischen Strukturen des Welthandels aufbegehrten. Weltläden entstanden als sichtbare Alternative: Orte, an denen Produkte aus dem Globalen Süden verkauft und Produzent*innen fair bezahlt wurden. Auch der Weltladen Augsburg öffnete 1980 seine Türen – getragen von Idealismus und der Hoffnung auf globale Solidarität. Der erste Kaffee schmeckte eher nach Überzeugung als nach Genuss, und viele hielten das Experiment auf ehrenamtlicher Basis für naiv und nicht überlebensfähig. Doch 45 Jahre später betreibt der Augsburger Weltladen fünf Filialen, hat einen eigenen Großhandel und röstet verschiedene Spezialitätenkaffees in Bio-Qualität selbst.
Der Verein Werkstatt Solidarische Welt hat zahlreiche Bildungs- und Informationsprojekte rund um den Fairen Handel, universelle Menschenrechte oder einen nachhaltigeren Konsumstil ins Leben gerufen – in Schulen, in der Stadtgesellschaft und in der Politik – und damit immer wieder konkrete Veränderungen vor Ort angestoßen.
Fairer Handel im Wandel
Parallel dazu wuchs auch der Faire Handel: von einer kleinen Bewegung zu einem weltweit anerkannten System, das heute Millionen von Produzent*innen unterstützt. Mit neuen Siegeln zogen immer mehr Produkte in die Supermärkte, Discounter und Online-Shops ein. Doch während Umsätze und Bekanntheit stiegen, verschwanden viele Weltläden wieder – und tun es noch. Ist damit der ursprüngliche Traum erfüllt, sich eines Tages selbst überflüssig zu machen? Nein – im Gegenteil. Der Faire Handel steht noch immer im Schatten des Welthandels. Weniger als jede zehnte Tasse Kaffee weltweit ist Fairtrade-zertifiziert. Auch der weltweite Marktanteil von Fairtrade-Schokolade liegt global bei nur 5 bis 10 Prozent. Fast Fashion dominiert den Textilmarkt – und beim Thema Elektronik wäre die Bilanz noch ernüchternder. Tut sich also doch nichts? Nicht nichts. Studien zufolge sind Fairer Handel und ein nachhaltiger Lebensstil einem Großteil der Menschen immerhin wichtig, insbesondere den jüngeren Generationen. Deshalb wir ein weiterer Anstieg der jeweiligen Marktanteile zumindest erwartet. Das Bewusstsein wächst also – wenn auch langsam und gemächlich.
Weitere Herausforderungen
Mit Gemütlichkeit hat es der Klimawandel leider nicht. Er gehört zu den größten Herausforderungen und führt bereits regelmäßig zu Ernteausfällen und prekären Arbeitsbedingungen in vielen Anbauregionen. Junge Menschen sehen dort oft keine Zukunft mehr, und ihre Abwanderung bedroht die Landwirtschaft im Globalen Süden insgesamt. Auch Digitalisierung, Inflation und veränderte Konsumgewohnheiten machen es kleinen, stationären Geschäften wie den Weltläden zunehmend schwer. Ehrenamtliches Engagement, – egal wo und wofür – muss man sich heute zudem leisten können. Das Ehrenamt altert, besonders in den Weltläden ist das gut zu beobachten. Muss Ehrenamt dort spannender werden als Ladendienst? Müssen Weltläden vielleicht ganz weg vom ehrenamtlichen Modell und sich ähnlich professionalisieren wie hier in Augsburg? Braucht es überhaupt noch Fachgeschäfte des Fairen Handels, wenn faire Produkte überall erhältlich sind? Viele junge Unternehmen gehen heute ohnehin noch einen Schritt weiter: Sie bauen eigenständig direkte und faire Handelsbeziehungen auf oder verlagern sogar die gesamte Produktion samt Arbeitsplätzen und Know-how in die Ursprungsländer. Diese Vielfalt an Ansätzen und Labels sorgt einerseits für mehr Reichweite und Wirkung, andererseits aber auch für Verwirrung und neue Glaubwürdigkeitsdebatten.
Blick in die Zukunft
Als Weltladen Augsburg und Werkstatt Solidarische Welt blicken wir trotz aller Herausforderungen positiv in die Zukunft. Vieles wurde bereits erreicht, und vieles bewegt sich weiter. Gerade weil es heute so viele Formen von „nachhaltig“ oder „fair“ gibt, braucht es Orte, die klar, konsequent und kritisch bleiben. Ihre Aufgabe haben Weltläden also noch lange nicht verloren. Heute ist sie vielleicht weniger die reine Produktvermarktung als vielmehr die Bewahrung einer Idee. Denn Weltläden waren nie nur Verkaufsstellen, sondern immer auch Orte der Begegnung, Diskussion und Veränderung. Nicht zuletzt sind sie Teil einer Bewegung, die mit Bildungsarbeit Bewusstsein schafft sowie politische Veränderungen fordert und begleitet. Damit diese Rolle auch künftig erfüllt werden kann, gilt es, neue Zielgruppen einzubinden. Vor allem junge Menschen und migrantische Communities müssen noch stärker gewonnen werden, um die Idee einer solidarischen Welt aktiv mitzugestalten. Uns ist das bereits gelungen – etwa durch ein erfolgreiches Erasmus-Projekt mit dem Titel „Solidarity for a better World“, bei dem wir uns gemeinsam mit Schüler*innen aus verschiedenen europäischen Ländern über globale Herausforderungen und mögliche Lösungsansätze austauschten. Dafür erhielten wir 2024 den Augsburger Zukunftspreis.
Das Jubiläum ist deshalb nicht nur ein Rückblick, sondern vor allem ein Aufbruch: Der Weg in eine gerechtere Zukunft geht weiter – und Weltladen Augsburg sowie Werkstatt Solidarische Welt e.V. bleiben wichtige Teile davon. Sie laden interessierte Menschen vor Ort zur Teilhabe und Mitgestaltung ein.
Ihr könnt die vollständige Ausgabe der Agendazeitung hier als PDF herunterladen oder digital als Flipbook lesen. Unseren Artikel findet ihr auf den Seiten 12 und 13.
Jubiläumsprogramm
Neben dem Programm der Afrikanischen Wochen, das noch bis zum 17. Oktober mit spannenden Veranstaltungen aufwartet, stehen mit dem Welternährungstag am 16. Oktober und dem Walderlebnistag am 18. Oktober zudem noch die letzten Jubiläumsaktivitäten vor der Tür.
Herzliche Einladung!
erstellt am: 08.10.2025 von Julia Kabatas
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