Rück- und Ausblick: Afrikanische Wochen

Interviewreihe zum 40. Geburtstag von Weltladen Augsburg und Werkstatt Solidarische Welt e.V. zum Thema Afrikanische Wochen mit Maureen Njotsa Lermer und Joao Dontana, ehrenamtliche Mitglieder im Planungsteam der Veranstaltungsreihe Afrikanischen Wochen

Julia Kabatas, Werkstatt Solidarische Welt e.V.: Liebe Maureen, lieber Joao, ihr beide bringt euch aktiv in die vor über 30 Jahren von der Werkstatt Solidarische Welt e.V. ins Leben gerufenen Afrikanischen Wochen ein. Seit wann seid ihr dabei und wie kam es dazu?

Joao: Fast seit Beginn der Afrikanischen Wochen bin ich quasi schon mit am Start. Ich hatte Anfang der 90er Jahre meine erste Band gegründet, die „Frères d’Afrique“. Damals hat Norbert Stamm die Veranstaltungsreihe organisiert und uns für ein Konzert in der Kresslesmühle angefragt. Ab dann sind wir immer wieder als Band und später auch mit einem Chorprojekt im Programm gewesen. Norbert lag aber auch sehr viel an unserem Input und an unseren Ideen, sodass wir prompt in die Planung miteinbezogen wurden.

Maureen: Ich bin Mutter von drei Kindern und arbeite als Asylkoordinatorin der Stadt Mering. Geflüchtete Menschen wirklich in unser gesellschaftliches Leben zu integrieren, ist mir sehr wichtig. Seit 2013 bin ich deshalb auch beim Internationalen Kulturverein Mering aktiv und organisiere selbst interkulturelle Events wie Kochkurse, Kunst- und Literaturveranstaltungen sowie ein alljährliches Fest. Gerade weil ich mich auf diese Weise engagiere, erfuhr ich durch meinen Freundes- und Bekanntenkreis schon bald von den Afrikanischen Wochen in Augsburg. Vor fünf oder sechs Jahren war ich erstmals als Besucherin dort, war fasziniert vom Programm der Veranstaltungsreihe und im folgenden Jahr spielte ich bereits mit dem Gedanken, mich dort aktiv einzubringen. 2019 war es dann so weit.


Maureen Njotsa Lermer, seit 2019 bei den Afrikanischen Wochen: „Viele BesucherInnen der Afrikanischen Wochen waren selbst schon in afrikanischen Ländern und brachten eine andere Begeisterung, mehr Vorinformation und wertvolles Feedback mit.“


Wie muss man sich eure Rollen im Veranstaltungsteam vorstellen? Was genau macht ihr?

Maureen: Beim Eröffnungsfest 2019 war ich erstmals mit einem eigenen Programmpunkt vertreten. Als Designerin organisierte ich eine Modenschau und präsentierte eigene Kreationen. Das war nicht meine erste Fashion Show, aber es war doch ganz anders. Viele BesucherInnen der Afrikanischen Wochen waren selbst schon in afrikanischen Ländern und brachten eine andere Begeisterung, mehr Vorinformation und wertvolles Feedback mit. Die Gespräche waren ganz anders, was es für mich interessanter und hilfreicher gemacht hat. Seither bin ich nun auch fest im Planungsteam der Afrikanischen Wochen, wo ich mit viel Spaß und Engagement an verschiedenen Projekten, Konzepten und Zielsetzungen mitarbeiten kann.

Joao: Ich bin nicht nur professioneller Musiker und Tänzer, sondern auch gelernter Tontechniker. Zwar bin ich bis heute immer wieder mal auch gern mit einem musikalischen Act oder einer Tanzeinlage Teil des Programms, vor allem aber sorge ich seit vielen Jahren für Tontechnik und Beschallung. Insbesondere beim Eröffnungsfest. Früher waren wir mit dem Fest in ständig wechselnden Locations mit hauseigenem Technikerdienst. Das war immer ein hoher Kostenpunkt im Gesamtbudget. Als dann Margarethe Aulbach die Organisationsleitung übernahm und wir nach kurzer Zeit fix im Kolpingsaal landeten, habe ich vorgeschlagen, mich als externen Dienstleister zu engagieren, um Kosten zu sparen, die uns an anderer Stelle fehlten.


Joao Dontana, ein wahres Urgestein der Afrikanischen Wochen: „Ganz gleich, wie groß oder klein das Planungsteam in den einzelnen Jahren war, wir konnten stets ein tolles Programm abliefern.“


Welche Motivation steckt hinter eurem Engagement für die Afrikanischen Wochen?

Joao: Ganz gleich, wie groß oder klein das Planungsteam in den einzelnen Jahren war, wir konnten stets ein tolles Programm abliefern. Man freut sich auf ein Wiedersehen mit dem über die Jahre gewachsenen Stammpublikum, das jeden November sehnsüchtig auf die Afrikanischen Wochen wartet und auf all die alten und neuen Bekanntschaften und Freundschaften, die diese Veranstaltungsreihe in all der Zeit hervorgebracht hat. Zuletzt kamen mit dir, Julia, ja nochmal neue Leute und damit etwas frischer Wind ins Team. Wie Maureen beispielsweise.

Maureen: Ja, ich finde diese Offenheit toll und zugleich stört sie mich auch. Denn viele, die an einzelnen Veranstaltungen teilnehmen oder sich im Rahmen der Afrikanischen Wochen präsentieren dürfen, engagieren sich vorab nicht im Planungsteam. Das finde ich schade und würde den Leuten die Verantwortung für das große Ganze stärker abverlangen. Sonst verstehen und schätzen sie die Plattform nicht als die eigene und so kann man nicht wirklich voneinander lernen. Dabei ist das so wichtig!

Lasst uns darüber sprechen, was sich aus eurer Sicht verändern sollte. Was wünscht ihr euch, der Werkstatt und den Afrikanischen Wochen für die Zukunft?

Maureen: Die Werkstatt leistet wertvolle Arbeit und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass dies auch keine leichte Arbeit ist. Es wurde viel geschafft in den letzten 40 Jahren und man kann viel lernen von dem was und wie es erreicht wurde. Man muss aber immer auch voneinander lernen, neu lernen, Wissen und Erfahrungen weitergeben und weiterentwickeln. Für die Zukunft wünsche ich mir hier mehr gemeinsames Engagement aller Beteiligten. Außerdem plädiere ich für mehr Abwechslung und dafür, lieber einzelne KünstlerInnen für sich allein scheinen zu lassen, statt sie z.B. in Gemeinschaftsausstellungen zu packen. Das wird den Einzelnen nicht gerecht. Mehr Qualität statt Quantität!

Joao: Ich würde sagen, dass mir die Spontanität fehlt. Das gilt für Augsburg generell. Die Afrikanischen Wochen sind wunderbar, immer super organisiert, aber das bedeutet leider auch einen sehr langen Vorlauf. Dafür, dass man dann einmal im Jahr zusammenkommt und sich mit dem Afrikanischen Kontinent beschäftigt. Das ist schön und mit Vorfreude verbunden, aber ein regelmäßiges abwechslungsreiches (Kultur-)Programm rund um Afrika übers ganze Jahr verteilt, das wäre wünschenswerter und würde mehr Begegnung, mehr Integration bedeuten. Mal was Musikalisches, mal Literatur, mal Bildung und mal Bildende Kunst. Aus meiner Sicht müssten dafür auch nicht zwingend immer renommierte ExpertInnen, PolitikerInnen oder sonstige Prominenz für das Programm gewonnen werden. Lieber lokal, niederschwellig und spontan gestalten. Für wen machen wir es denn schließlich?

                                                                                        Das Interview führte Julia Kabatas.


Seit 1989 finden in Augsburg im November die Afrikanischen Wochen statt, organisiert von der Werkstatt Solidarische Welt e.V. und in Kooperation mit vielen Augsburger Vereinen, Gruppen und Projekten. Ziel der Afrikanischen Wochen ist es, Afrika als Kontinent mit seinen verschiedenen Ländern, Kulturen und Ethnien mit möglichst vielen Facetten in Augsburg ins Bewusstsein zu bringen, die öffentliche Wahrnehmung zu steigern, stereotype „Afrika“-Bilder in der Öffentlichkeit und bei Einzelpersonen zu differenzieren sowie Begegnung zu schaffen. Mehr Infos via Facebook: Afrikanische Wochen, Email: kabatas(at)werkstatt-solidarische-welt.de oder Webseite.


Im Mai 1980 haben engagierte Menschen den Weltladen Augsburg und die Werkstatt Solidarische Welt gegründet. Das sollte eigentlich im Frühjahr gebührend gefeiert werden – und muss nun doch erst einmal warten. Damit der Gründungstag trotzdem nicht sang- und klanglos vorübergeht, füllen wir alle digitalen Kanäle mit Glückwünschen und Hintergrundinfos und feiern. Jeden zweiten Freitag gibt es ein Interview mit Freund*innen, Mitarbeiter*innen und Weggefährten zu einem Thema, das uns bewegt – damals wie heute.

erstellt am: 11.09.2020 von Julia Kabatas

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